Das Ohrenkleben
Kein Scherz, sondern eine Korrekturmaßnahme, über deren Notwendigkeit sich die Geister scheiden.
Im Standard eines jeden Rassehundes ist die Stellung der Ohren, wie sie stehen, kippen oder fallen sollen, festgeschrieben. Manchmal ist leider der Wunsch auf ein dem Standard entsprechendes Ohr
der Vater des Gedanken und die Natur geht ihre eigenen Wege.
Um der Natur hier bei absehbar "nicht korrekter" Ohrenstellung noch ein Schnippchen zu schlagen, gibt es einen winzigen Zeitraum, in dem man noch korrigierend eingreifen kann.Dieser Zeitraum ist
knapp bemessen und wenn man ihn verpasst, hat die Natur einmal mehr gewonnen. Es ist die Zeit des Zahnwechsels. Denn genau dann wächst auch der Ohrknorpel zu seiner endgültigen Form aus.
Der Standard des Irish Terriers schreibt eine Ohrhaltung vor, die von Natur aus nicht einfach zu bewerkstelligen ist. Sie liest sich zwar einfach, doch sie verlangt nach einer bestimmten Größe
und Knorpeldicke, um so zu fallen wie es erwünscht ist.
Im Grunde ist es ja ein Stehohr (dicker Knorpel), welches ca. 1 1/2 Finger breit über der Schädeldecke nach vorn umkippen soll (schwächerer Knorpel), wobei die Ohrspitze oberhalb des
äußeren Augenwinkels am Kopf anliegen sollte.
Manchmal gelingt es, dass das Ohr genau die Größe und Knorpeldicke hat, um so zu fallen, so dass der richtige Ausdruck entsteht. Manchmal aber auch nicht und dann ist es nötig/möglich hier durch
Fixieren des Ohres am Kopf mittels eines speziellen Klebstoffes korrigierend einzugreifen.
Denn der Ausdruck ist der springende Punkt. Ein Ohr was nicht genau so fällt wie es der Standard vorschreibt, verdirbt ihn ungemein.
Bei einem Welpen, bis frühestens zur 7-8 Woche, hängt das Ohr noch neben dem Kopf herunter.
Ab diesem Zeitpunkt, der sich von Hund zu Hund um mehrere Tage verschieben kann, verdickt sich der Knorpel am Ansatz, das „Stehohr“ entsteht.
Ein erfahrenes Auge kann manchmal schon zu diesem Zeitpunkt erkennen, ob eine Korrektur nötig sein wird und so werden manche Welpen von einigen Züchtern, schon mit fixierten Ohren an die neuen
Besitzer abgegeben. Eigentlich ein zu früher Zeitpunkt, doch der Züchter steckt hier in einer Zwickmühle,denn er möchte doch ein „anständiges“ Ohr auf den Köpfen der von ihm gezüchteten Hunde.
Andererseits ist dieses frühe Kleben meist vergebene Liebesmühe, denn zu der Zeit, an dem das Korrigieren wirklich nötig würde, ist der Welpe schon in seinem neuen Zuhause und so
lange hält der beste Kleber nicht.
Nun liegt es an den neuen Besitzern, ihren Kenntnissen, ihrem Verhältnis und der Entfernung zum Züchter und ihrer Einstellung, hier noch korrigierend einzugreifen, wenn es nötig wird.
Da beim Fixieren der Ohren einiges zu beachten ist, würde ich es auch nur von erfahrenen Händen durchführen lassen und ich daher an dieser Stelle davon absehe, die genaue Art des Klebens näher zu
beschreiben.
(mit freundlicher Genehmigung von Birgit Ahrens)
So viel an dieser Stelle zum „kosmetischen Sinn“ des Ohrenklebens. Abgesehen davon, dass sich für den geneigten Laien diese Prozedur vermutlich etwas befremdlich anhört, erscheint es manch einem Züchter heutzutage bedauerlicherweise mitunter normal, dass die Ohren bei einigen Linien nicht mehr nur in der Phase des Zahnwechsels – wie oben beschrieben – geklebt werden, sondern teilweise ab der bereits 11. Lebenswoche durchgängig bis nach dem Zahnwechsel. Bei manchen Hunden beträgt also die „Gesamtklebezeit“ bis zu 5 Monaten…..
Bei Züchteraussagen wie „Das macht dem Hund nichts, er läuft ja nicht auf den Ohren!“ (Originalzitat!), sollte man da vielleicht einfach mal den viel gepriesenen gesunden Menschenverstand zu Rate ziehen: abgesehen von Schädigungen der Haut an den vom Kleber betroffenen Stellen über einen so langen Zeitraum fehlt dem Hund ausgerechnet in dieser sehr wichtigen Entwicklungsphase durch die Fixierung der Ohren das normale Ohrenspiel als Teil seiner Kommunikation mit Artgenossen! Missverständnisse mit anderen Hunden sind so vorprogrammiert und führen später nicht selten zu „Feindschaften“ aufgrund schlechter Erfahrung in dieser Lebensphase. Hier sollte man daher m.E. dringend darauf achten, dass der Züchter entweder im Rahmen seiner Zuchtlinien auf möglichst „korrekte“ Naturohren achtet, die entweder nur sehr kurze Klebezeiten mit sich bringen (oder noch besser: gar keine!) oder, sofern man den Irish „nur“ als Privathund halten möchte, überlegen, ob man dem eigenen Hund diese Prozedur überhaupt zumuten möchte und zugunsten einer klaren Kommunikation mit Artgenossen auch einfach mal ein nicht korrekt getragenes Ohr in Kauf nimmt!
Wir bemessen den Wert eines menschlichen Gegenübers schließlich auch selten an der korrekten Ohrenhaltung….