Unterordnung

 

Um die Ausbildung und Erziehung des Irish Terriers ranken viele Mythen und Halbwahrheiten, ein Mythos ist sicherlich der, dass Irish Terrier für die klassische Unterordnung relativ ungeeignet seien und man mit ihnen dort nicht mal den Hauch einer Lorbeere verdienen könne.

Schon allein der Begriff löst bei vielen Menschen, auch erfahrenen Irish Besitzern, ein gewisses Unbehagen und eine deutliche Diskrepanz im Vorstellungsvermögen aus: ein Irish ordnet sich nicht unter!!

 

Da würde ich den meisten sogar Recht geben, wenn man Unterordnung mit einfachem Befehlsempfangen nach der klassischen Lerntheorie gleichsetzt und auf der reinen Konditionierungsebene arbeitet: „Sitz“ = Leckerchen. Das macht ein Irish Terrier genau so lange mit, bis er für sich eine passendere, anspruchsvollere oder interessantere Tätigkeit findet: mit verächtlichem Blick, der in etwa heißen könnte: „Steck dir deine Wurst doch sonst wo hin!“ entschwindet er guter Dinge und wohl gelaunt aus der hochgelobten Grundstellung, widmet sich womöglich einem scheinbar interessantem Grashalm und lässt Herrchen oder Frauchen mit ratlosem Gesicht dumm da stehen. Mit etwas Glück erheischt man aus der Entfernung noch mal den Blick des eigenen Hundes über die Schulter, der signalisiert „Ich komme gleich zurück – vielleicht…!“.

Und genau in diesem für viele Hundehalter ärgerlichen oder peinlichem Moment kommt dann auch noch ein Ausbilder, Hundetrainer oder sonst wie gearteter „Fachmann“ und sagt mit abfälligem Tonfall: „Tja, das ist eben ein Irish Terrier.“

Doch was will der gelehrte Fachmensch damit sagen? Ist der Irish zu dumm, zu leicht ablenkbar, ist ein „Sitz“ auf nassem Untergrund womöglich wirklich eine Zumutung für diesen edlen Hund? Ist es die oftmals angeprangerte Sturheit? Man weiß es nicht…..

Um aus dieser emotionalen Zwickmühle aus Ärger über den eigenen Hund, womöglich Enttäuschung, gepaart mit Hilflosigkeit möglichst schnell wieder raus zu kommen ohne dabei dem Hund zu viel Schlechtes anzuhängen, greifen Menschen oft zu einem einfachen Trick: sie geben sich selbst die Schuld, dekorieren sich innerlich mit eigener Unfähigkeit in vielen Varianten und stehen bei der nächsten Übung mit dieser inneren Gewissheit „Das klappt sowieso nicht“ vor ihrem Irish Terrier.

Und genau an diesem Punkt kommt eine Eigenart des Irish ins Spiel, die jede weitere Arbeit zum Scheitern verurteilt: da der Mensch sich offenbar aufgrund seiner Zweifel selbst nicht ernst nimmt, tut der Hund es erst recht nicht!

Der Irish Terrier ist ein Beziehungsspezialist und unglaublich sensitiv in diesem Bereich. Bereits ab dem Welpenalter macht sich ein Irish Gedanken darüber, wer dieses „Gegenüber Mensch“ eigentlich ist und vor allem: ist „es“ ernst zu nehmen? Und der Irish nimmt sich oft unbemerkt von seinem Besitzer viel Zeit und Gelegenheit, um dies für sich heraus zu finden – und hat dafür in der Regel 24 Stunden am Tag Zeit….

Stimmt hier die Beziehung zwischen Halter und Hund nicht, wird jegliche „Dressurarbeit“ (denn nichts anderes ist Unterordnung letztlich) zu einer Art Machtkampf, den der Irish Terrier bestenfalls durch charmante Ignoranz spielend gewinnt, schlimmstenfalls durch komplette Verweigerung unter Zuhilfenahme seiner Zähne.

 

Die Beziehung an sich klärt sich für den Irish Terrier dabei schon weit früher, als beim ersten Betreten eines Hundesplatzes, nämlich im alltäglichen Umgang mit seinem Besitzer im Rahmen von sozialem Lernen. Leider wird dies von vielen Irish Terrier Haltern deutlich unterschätzt oder vernachlässigt.

Hat der Irish Terrier im Zuge des sozialen Lernens jedoch durch souveränes, klares Auftreten bzw. Kommunizierens seines Halters, gepaart mit einer Einstellung wie „Life`s a game – play ist!“ gelernt, dass der Halter nicht nur ein ernst zunehmendes Gegenüber ist, sondern auch jemand, mit dem man ganz entsprechend der Natur des Irish auch gemeinsam viel Spaß haben kann, ist die Unterordnung ein Klacks! Erst dann hat sie nichts mit Befehlsempfang zu tun, sondern mit einer lustigen Teamarbeit, einer Aneinanderreihung einzelner „Kunststückchen“, bei denen sich Hund und Halter in einer Einheit miteinander bewegen – ähnlich einem Tanz, bei dem einer behutsam, aber klar führt, der andere freudig und aufmerksam folgt….

 

Und es ist bei einem intelligenten Hund wie dem Irish Terrier auch müßig, sich darüber Gedanken zu machen, ob er sich bei intensiver „Ausbildung“ noch ordentlich auf Ausstellungen präsentiert: ein schickes „Steh“ ist vor dem Hintergrund des oben Gesagten für ihn ein einfacher Taschenspielertrick….