Fieber 2 - Realsartire aus Absurdistan

 

Hatte ich zunächst noch geglaubt, nun sei mal gut mit der Verbreitung abstruser Behauptungen in öffentlichen Foren, wurde ich durch viele Zuschriften nach der Veröffentlichung der aberwitzigen „Fiebererkenntnisse“ hier im Blog eines Besseren belehrt. Das ist so herrlich, dass es inhaltlich keines weiteren Kommentars bedarf!

Nachdem sich also der ein oder die andere Züchter/in öffentlich komplett entblödet hatte, ging es „hinterrücks“ noch etwas weiter, weil sich doch völlig zu Recht ein versierter IT-Besitzer ebenfalls über die züchterischen Fieberkenntnisse gewundert hatte.

 

Hundehalter: „Nach dem unter dem Thema „Schilddrüse und trinken“ die Frage der Körpertemperatur „beratschlagt“ wurde, möchte ich aus der Sachkunde zur Begleithundeprüfung zitieren:
Normale Temperatur des Hundes
[ ] 37 – 37,5°C
[x] 38 – 39°C
[ ] 39,5 – 41°C

Richtig ist die mittlere Angabe, wie man sieht!
Beteiligt sich denn kaum noch jemand mit Sachwissen in diesem Forum, oder wie ist zu erklären, dass der Rat, dass bei 38,5°C Körpertemperatur von Fieber auszugehen ist, unkommentiert stehen bleibt?“

 

Züchterin 1: „tja... Solche Bögen können eben auch falsch/ halbrichtig sein! Ich messe seit 25 Jahren Temperatur meiner Hunde selbst ( u.a. weil man daran sehen kann, wann eine Geburt beginnt, mache ich das ab dem 58.Tag einer Trächtigkeit mehrmals täglich bei der betreffenden Hündin bzw. nach dem Werfen auch um eventuelle Entzündungen rasch zu erkennen) und ich kann Ihnen versichern, dass die Normaltemperatur aller meiner bisherigen Hunde zwischen 37,0 und 38,0 Grad lag/liegt. Es gibt sicherlich auch Hunde, die eine etwas höhere Normaltemperatur im Ruhezustand haben, trotzdem würde ich ab 38,5 Grad anfangen, skeptisch zu werden - falls der Hund sich nicht gerade körperlich betätigt hat oder eine Hündin in den ersten Tagen nach der Geburt ist, wo deutlich höhere Temperaturen durch die hormonellen Einflüsse bzw. die Laktationsphase der Fall sind.“

 

Hundehalter (bleibt netterweise am Ball und kennt sich offenbar als Einziger mit physiologischen Fakten sehr gut aus!):

„Hallo Frau S.,
ich wollte meine Verwunderung, dass diese Angabe zur Körpertemperatur unkommentiert blieb, nicht im öffentlichen Teil des Forums äußern.
Aber der Fragenkatalog zur theoretischen Sachkundeprüfung steht da nicht allein mit seiner „Behauptung“.
Zitat:
Wichtig
Bei Hunden liegt die normale Körpertemperatur zwischen 38 und 39°C
Quelle: Dr. Helga Eichenberg (Hrsg.): Hundezucht; Kosmos-Verlag, Stuttgart 2006 (empfohlen vom VDH) Seite128
Aber zum Beispiel auch in
Sabine Winkler (Hrsg.): Kosmos Handbuch Hund, Stuttgart 2006, auf Seite 258
steht:
Normalwerte beim Hund im Ruhezustand [...], Körpertemperatur in °Celsius 37,8-39.
Vielleicht sollten Sie Ihr Thermometer mal überprüfen, wenn Sie ständig so niedrige Werte messen.
Grüße…“

 

Nun Antwort Züchterin 2, die gleichzeitig ein interessantes Beispiel für gelungene Rechtschreibung und Interpunktion ist: „Ich habe bei meinen 3 Hündinnen selben Erfahrungen gemacht wie – hier der Name von Züchterin 1 – (und nein wir nehmen nicht den selben Thermometer für unsere Hunde ). Vielleicht ist dies Rasse bedingt aber ich denke auch das man nur 100% sicher sagen kann das ein Hund schon erhöhte Temperatur hat wenn man seinen Ausgangswert weiß. Bei 38,5 °C werde ich auch vorsichtig und lasse den Hund nicht aus dem Auge.

Viele Grüße…“

 

Züchterin 1 erklärt darauf hin nun ihren fachkundigen Gebrauch des Fieberthermometers innerhalb der letzten 25 Jahre:

„Es war in dieser Zeit nicht EIN Thermometer in Gebrauch, es waren eine ganze Menge hintereinander: ganz früher noch "herkömmliche", später dann Digitalthermometer unterschiedlicher Hersteller.

@ (Züchterin2): Mein Tierarzt hat auch 38,5 Grad als " Ich-werde-aufmerksam-Schwelle" - auch bei anderen Hunden.
Einen schönen Tag
wünscht….“

 

Züchterin 3 holt nun zu einem ihrer von uns hoch geschätzten, völlig kontextfreien Einwürfe aus:

„Hallo,
wenn man bei 38,5 aufmerksam wird, ist das bestimmt kein Fehler. Ich werde ab 39 Grad, tja, nervös ist das falsche Wort, aber ich bin gewarnt!
Das Thema wurde ganz woanders losgetreten, ich habe den Beitrag im Blog von S. H. gelesen und kenne mindestens eine Züchterin, die ihre Welpen im Keller aufzieht, aber ich dachte immer, die Beiden wären befreundet!
Bleiben wir also ganz ruhig und warten ab, was da so kommt.
Viele Grüße…“

 

Hundehalter macht darauf hin einen vollkommen folgerichtigen Einwurf:

„Hallo,
mir geht es gerade darum sachlich zu bleiben und polemische Beiträge anderen zu überlassen.
Ich habe nun doch mal zum Thermometer gegriffen und bei meinem IT-Rüden (4 Jahre und anscheinend gesund) die Temperatur im „Ruhezustand“ rektal gemessen: 38,1°C.

Zitiert Züchterin 1 ... alles über 38,5 Grad ist Fieber.

Das wäre dann ja 0,4° vor Fieber, also schon erhöhte Temperatur ?“

 

…worauf Züchterin 3 nun doch zum Thema zurückfindet:

„Das wäre dann VOR Fieber.
Viele Grüße…“

 

 

Ich fasse noch mal kurz zusammen: Es gibt einzelne Irish Terrier-Züchterinnen, die offenkundlich partout an völlig unsinnigen Behauptungen, egal, wie falsch sie sind, festhalten. Es gibt Züchterinnen, die vermutlich noch nie eine IPO-Prüfung mit einem Hund abgelegt haben, aber dennoch wissen, was für falsche Behauptungen in den Prüfungsbögen stehen – es ist auch wirklich schon fast eine Unverschämtheit, dass in der IPO die Besonderheiten des IT`s, insbesondere seine Körpertemperatur, nicht berücksichtigt werden!

Es gibt Züchterinnen, die ihren Hund, wenn dieser eine Körpertemperatur von 38,5 ° aufweist, nicht mehr aus dem Auge lassen – interessante 24-Stunden- Aufgabe, dafür muss man viel Zeit haben. Es gibt Züchterinnen, die ihre Hunde von Tierärzten behandeln lassen, die das Phänomen der „Ich-werde-aufmerksam-Schwelle“ diagnostizieren und wo der Tierarzt selbst 38,5 Grad „hat“. Es gibt Züchterinnen, die offenbar einen bis dato unbekannten Zusammenhang zwischen Kelleraufzuchten und Fieber kennen. Hundehalter können oftmals sehr sachlich und fundiert argumentieren. Es gibt Züchter, die bei ihren Hunden Zustände VOR, NACH und WÄHREND Fieber erkennen!

 

Aus dieser Zusammenfassung ergeben sich einige Fragen, die vermutlich für immer unbeantwortet bleiben:

Was hat Fiebermessen bei einer trächtigen Hündin mit der Körpertemperatur eines erkrankten Hundes zu tun?

Führt eine Veränderung der Körpertemperatur beim IT zwangsläufig zu einer Geburt, wenn dies im Zusammenhang mit einer möglichen Schilddrüsenerkrankung einhergeht und betrifft dies dann Rüden und Hündinnen gleichermaßen?

Wäre es für einige Züchterinnen nicht besser, noch weitere 25 Jahre Fieber zu messen, mit unterschiedlichen Thermometern, anstatt Hunde zu züchten?

Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Qualität einer Hundezucht und der Rechtschreibung der Züchterin?

Sollte man nicht prinzipiell alle Hunde mit einer normalen Körpertemperatur niemals aus den Augen lassen?

Ist es möglicherweise tierschutzrelevant, wenn eine Züchterin „eine ganze Menge Thermometer hintereinander“ benutzt? Am selben Hund? Am selben Tag?

Und wer ist nun laut Aussage von Züchterin 3 mit dem Keller befreundet: die Züchterin selbst oder die Welpen?

Als wie bedenklich ist es einzustufen, wenn eine Züchterin „mindestens eine“ weitere Züchterin kennt, die ihre IT-Welpen im Keller aufzieht?

Wie viele weitere IT-Zuchten, die im Keller ohne Umweltreize aufwachsen, gibt es mittlerweile wirklich? Und haben die nun alle Fieber? Und wenn ja: in welcher Höhe? Und sollte man sie nicht besser ständig im Auge behalten?

Aber wen genau? Die Züchter oder die Hunde????

 

Da kann ich nur erleichtert aufatmen und mich darüber freuen, dass ich mit diesen Züchterinnen nicht befreundet bin, auch nicht mit anderen Züchterinnen, die ihre Welpen reizarm im Keller aufziehen, statt dessen einige sehr gute Züchter kenne, die sich wirklich um die wichtigen Belange der Hunde kümmern und nebenbei auch die Körpertemperatur eines Hundes richtig messen und einschätzen können.

 

Im nächsten Artikel erscheint dann eine kleine Zusammenfassung weiterer amüsanter Aussagen mit der Überschrift „Mein Züchter hat gesagt…“